Veröffentlichung der neuen Tachographenverordnungen

Tachographenpflicht
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Veröffentlichung der neuen Tachographenverordnungen

Hinweis auf Veröffentlichung der neuen Tachographenverordnungen im EU-Amtsblatt. Inkrafttreten von Teilen zum 20. August 2020. Ausweitung des Geltungsbereichs ab 1. Juli 2026. Hinweis aktuelle Aktivitäten zur Klärung von Interpretationsfragen

Das Gesetzgebungsverfahren zum Tachographenrecht wurde auf EU-Ebene mit der finalen Bestätigung durch Parlament und Rat im Juli 2020 abgeschlossen. Nach der kürzlich erfolgten Veröffentlichung der Änderungsverordnungen im Amtsblatt der EU tritt ein Teil der Neuregelungen zum 20. August 2020 in Kraft. Unmittelbare Veränderungen für die Transportpraxis im Handwerk ergeben sich zunächst nicht. Der ZDH wird die ausführlichen Informationsmaterialien zur Thematik in Kürze aktualisieren. Zuvor müssen jedoch noch zwischen Bund und Ländern die offiziellen Interpretationen einzelner Regelung und einige teils missverständliche deutsche Übersetzungen für die Vollzugspraxis abgeklärt werden. Der ZDH hat gegenüber dem BMVI bereits Hinweise zur sachgerechten Ausgestaltung vorgebracht.

In der Bilanz konnten dank des langjährigen Engagements des Handwerks die durch die Ausweitung der Tachographenpflicht auf den Gewichtsbereich zwischen 2,5 und 3,5 Tonnen (zulässiges Gesamtgewicht) drohenden massiven Belastungen für das Handwerk durch geeignete Ausnahmen fast vollständig abgewendet werden.

Die aus Sicht des Handwerks dringend notwendigen Verbesserungen der bestehenden Ausnahmen auch für den Bereich oberhalb von 3,5 Tonnen konnten gegen den Widerstand des Rates jedoch nur zum Teil umgesetzt werden. Besonders bedauerlich ist es, dass die vom Handwerk geforderte Ausweitung des Radius der Handwerkerausnahme von 100 auf 150 km sowie die Einführung einer speziellen Bauausnahme ohne Gewichtsbegrenzung bei 7,5 Tonnen trotz des positiven Votums des EU Parlaments erst im letzten Moment am Widerstand der Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten scheiterte.

Verordnung (EU) 2020/1054 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2020 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 hinsichtlich der Mindestanforderungen an die maximalen täglichen und wöchentlichen Lenkzeiten, Mindestfahrtunterbrechungen sowie täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten, und der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 hinsichtlich der Positionsbestimmung mittels Fahrtenschreibern.

Art. I: Änderung der VO 561/2006 zu Sozialvorschriften im Straßenverkehr

Ausdehnung des Geltungsbereichs auf leichtere Fahrzeuge ab 2016

Ab dem 1. Juli 2026 werden auch Fahrten mit Fahrzeugen zwischen 2,5 und 3,5 Tonnen in den Geltungsbereich des Tachographenrechts einbezogen. Auf Drängen des Handwerks gilt dies allerdings nur, soweit die Fahrten grenzüberschreitend erfolgen. Damit ist ein Großteil der handwerklichen Unternehmen bereits von vornherein befreit. Durch den neuen Art. 3 ha VO 561/2006 werden in diesem unteren Gewichtbereich zudem alle Güterbeförderungen „im Werkverkehr“ befreit, wenn „das Fahren nicht die Haupttätigkeit der Person darstellt“, wodurch auch diejenigen Handwerksbetriebe mit grenzüberschreitendem Tätigkeitsprofil aus der Tachographenpflicht für leichtere Fahrzeuge fallen.

Art. 3 aa VO 561/2006: Handwerkerausnahme für Fahrzeuge über 3,5 bis 7,5 Tonnen

Die Modifikationen des Art. 3 aa in VO 561/2006 gelten unmittelbar ab 20.8.2020 in den Mitgliedstaaten. Der bisherige Bestand der Handwerkerausnahme in Art. 3 aa bleibt (in Absatz i) erhalten. In Absatz ii) erfolgt eine Klarstellung, dass die Ausnahme auch für „handwerklich hergestellte Güter“ gilt. Dies wurde in Deutschland zwar weitgehend in der Praxis schon so gehandhabt, aber in einzelnen Bundesländern immer wieder in Frage gestellt. Somit wird hierdurch mehr Rechtssicherheit erreicht.

Hinweis: Im letzten Satz des Art. 3 aa zur Handwerkerausnahme über 3,5 bis 7,5 Tonnen wird klargestellt, „dass die Beförderung nicht gewerblich“ erfolgen darf. Diese deutsche Übersetzung der englischen Formulierung „not carried out for hire or reward“ ist aber missverständlich. Keinesfalls sind damit alle gewerblichen Transportvorgänge gemeint, vielmehr soll der „gewerbliche Güterkraftverkehr“ (genehmigungspflichtiger Speditionsverkehr) von der Ausnahmeregelung ausgeschlossen werden. Der ZDH hat sich sofort nach Erscheinen der deutschen Übersetzung an das BMVI bezüglich einer zeitnahen Klarstellung in den Bund-Länder-Interpretationen gewandt, die auch zugesichert wurde.

Änderung Art. 13 (optionale Ausnahmen, durch die Mitgliedstaaten umzusetzen)

Nach Art. 13 q (neu) können „Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen zur Beförderung von Baumaschinen für ein Bauunternehmen, die in einem Umkreis von höchstens 100 km vom Standort des Unternehmens benutzt werden, vorausgesetzt, dass das Lenken der Fahrzeuge für den Fahrer nicht die Haupttätigkeit darstellt“ von der Tachographenpflicht befreit werden. Diese Ausnahmeregelung muss jedoch noch in deutsches Recht übernommen werden. Die zusätzliche Ausnahmeoption würde dann den tachographenfreien Transport von schweren Baumaschinen, ohne die in der bisherigen Handwerkerausnahme bestehende Höchstgrenze von 7,5 Tonnen, ermöglichen.

Die weiterhin öffentlich verbreiteten Hinweise, dass es eine generelle Bauausnahme gäbe, sind nicht korrekt. Die verabschiedete Ausnahme bezieht sich nun ausschließlich auf den Transport von Baumaschinen.

Nach Art. 13 r (neu) können auch „Fahrzeuge, die für die Lieferung von Transportbeton verwendet werden“, von der Tachographenpflicht freigestellt werden (ohne km- und Gewichtsgrenze). Der ZDH wird sich für die zeitnahe Übernahme beider neuer Ausnahmeoptionen in das deutsche Fahrpersonalrecht einsetzen.

Ausdehnung des Nachweises auf 56 Tage (ab 2024)

Mittelfristig problematisch aus Sicht des Handwerks kann die Ausdehnung der Anzahl der zukünftig nachzuweisenden Tage werden. Ab 31.12.2024 müssen statt 28 Tagen bei Kontrollen die Fahrdaten für 56 Tage nachgewiesen werden. Diese Vorschrift betrifft nur Handwerker, die auch nachweispflichtigen Fahrten (außerhalb der Handwerkerausnahmen) durchführen. Wenn eine dieser eher seltenen Fahrten im Handwerk angetreten werden muss, müssen jedoch die vorangegangenen „berücksichtigungsfreien Tage“ dokumentiert werden (nur pauschal tageweise und nicht mit exakter Stundenaufteilung). Eine Erhöhung dieses Nachweiszeitraumes könnte zu mehr bürokratischen Aufwand bzw. wachsenden Bußgeldandrohungen bei Fehlern führen. Der ZDH setzt sich für eine unbürokratische Umsetzung der Regelung in § 20 der Fahrpersonalverordnung ein.

Art. II Änderung der VO 165/2014 („technische Tachographenverordnung“)

Zu beachten sind die unterschiedlichen Fristen gemäß Art. 3 Absatz 4 der VO 165/2014 zur Nachrüstung von Fahrzeugen mit „intelligenten Tachographen“ der neusten Version nach Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttreten von verschiedenen Ausführungsvorschriften, die 2021 bzw. 2022 aufgestellt werden müssen. Dies betrifft zunächst insbesondere Fahrzeuge mit älteren Tachographen, die im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt werden. Zu Einzelheiten wird zum gegeben Zeitpunkt erneut berichtet.