Praktikum als Azubimagnet!?

jörn buchheim

Praktikum als Azubimagnet!?

Möglichkeiten der Fachkräftegewinnung in Zeiten der Corona-Pandemie

Bis zu den Osterferien finden im Schuljahr 2020/2021 aufgrund der COVID-19-Pandemie keine Schülerbetriebspraktika statt. Was kann ein Ausbildungsbetrieb nun machen? Soll auf dieses Mittel verzichtet werden? Welche Alternativen gibt es?

Bisher haben sich Praktika, sowohl für Schüler*innen als auch für Betriebe, im Rahmen der Ausbildungsplatzsuche bewährt. Viele Betriebe stellen Auszubildende nur noch mit vorherigem Praktikum ein. Denn in dieser Zeit kann hervorragend getestet werden, ob Bewerber*innen für den Ausbildungsberuf geeignet erscheinen und ob sie ins Team passen. Aber auch umgekehrt bietet ein Praktikum für Jugendliche viele Vorteile. Sie können erproben, ob der Beruf für sie in Frage kommt und der Betrieb als potentieller Ausbildungsbetrieb passt.

Somit kann Ihr Betrieb mit einem professionell geplantem Praktikum zwei Dinge gleichzeitig erreichen. Zum Einen können Sie Ausbildungsmarketing betreiben und zum Anderen das Ausbildungsauswahlverfahren professionalisieren und somit eher Ausbildungsabbrüche vermeiden.

Ausbildungsmarketing durch das Praktikum

Wenn sich ein*e Praktikant*in wohlfühlt und vom Praktikum begeistert ist, wird das auch an Eltern, Nachbarn, Freunde und Klassenkammerad*innen weitergegeben.

Sie sollten für Ihre*n Praktikant*in in Ihrem Betrieb eine verantwortliche Person bestimmen. Neben Ausbilder*innen kann dies z.B. auch ein*e gleichaltrige*r Auszubildende*r sein. Holen Sie die Mitarbeiter*innen mit ins Boot. Wenn diese die Relevanz erkennen und auch offen für Praktikant*innen sind, hat das positive Auswirkungen auf die Praktikumszeit.

Legen Sie vor Praktikumsstart fest, welche Tätigkeiten den Beruf am besten darstellen und auch für Praktikant*innen interessant sind. Lassen Sie die Praktikant*innen selber tätig werden und setzen Sie sie dort ein, wo es interessante Tätigkeiten zu beobachten und zu bearbeiten gibt. Viele unterschiedliche Eindrücke geben ein rundes Gesamtbild ab. Vor allem aber sollte der berufliche Alltag für die Praktikan*innen erfahrbar sein. Idealerweise ermöglichen Sie ihnen etwas herzustellen, das stolz mit nach Hause genommen und präsentiert werden kann.

Interessante Gestaltungsideen

Vergeben Sie Aufgaben wie eine Bildcollage zu erstellen (z.B. typische Arbeitsgesten), die Sie in Ihrem Betrieb ausstellen bzw. auf Ihrer Website präsentieren. Auch Audioaufgaben, wie typische Sätze oder typische Geräusche sammeln lassen und diese ggf. auf der Website veröffentlichen.

Weitere organisatorische Tipps, Vordrucke z.B. für Beurteilungsbögen können Sie auch unserem Ordner „Qualität in der Ausbildung“ entnehmen, der dem Thema Praktikum ein komplettes Heft widmet.

Ausbildungsauswahlverfahren professionalisieren

Ein*e feste*r Ansprechpartner*in hat auch für Sie einen Nutzen. Sie können über den Zeitraum Praktikant*innen begleiten und somit auch ihre Entwicklung beobachten. Auch können Sie prüfen, ob die Person Kriterien wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit und den korrekten Umgang mit Kolleg*innen erfüllt. Wie wird mit neuen Situationen umgegangen und wie bewerten die Mitarbeiter*innen die Praktikant*innen im Praxiseinsatz? Um hier eine fundierte Bewertung durchführen zu können, sollten Sie vor Praktikumsstart überlegen, welche Fähigkeiten ein*e Auszubildende*r mitbringen sollte und mit Hilfe welcher Aufgaben diese überprüft werden können. Zusätzlich kann der Einsatz von Bewertungsbögen (Muster siehe Ordner „Qualität in der Ausbildung“) helfen, so dass Sie der*dem Praktikant*in letztendlich eine verlässliche Rückmeldung zum Praktikum geben können. Idealerweise können Sie nun auch eine Entscheidung bzgl. der Ausbildungsplatzvergabe treffen und somit Fehlbesetzungen und damit vorzeitige Ausbildungsabbrüche vermeiden.

Was tun in Coronazeiten?

Eine Alternative für Schülerpraktika können freiwillige Praktika in den Osterferien sein. Sicherlich muss auch hier das Infektionsgeschehen im Blick behalten werden. Einige Dinge sind bei der Planung von freiwilligen Praktika von Seiten des Betriebes zu beachten:

  1. Sollten Sie noch keine*n Praktikant*in haben, so nutzen Sie die Lehrstellenbörse der HWK , in der auch Praktikumsplätze veröffentlicht werden können.
  2. Schließen Sie einen Praktikumsvertrag ab.
  3. Versicherungsschutz: Handelt es sich um ein Schulpraktikum, besteht ein gesetzlicher Haftpflicht- und Unfallversicherungsschutz durch den Schulträger. Im Falle eines freiwilligen Praktikums besteht gesetzlicher Haftpflicht- und Unfallversicherungsschutz durch den Praktikumsbetrieb. Es gilt die Voraussetzung, dass der Betrieb die*den Praktikant*in direkt zu Beginn des Praktikums bei der Betriebsgenossenschaft (BG) anmeldet. In der Regel ist eine Erhöhung der Versicherungsprämie nicht zu erwarten, wenn es sich um Praktika ohne Vergütung handelt. Betriebe sollten sich hier immer mit ihrer BG abstimmen. Sprechen Sie außerdem mit Ihrem Versicherungsunternehmen, ob eine Mitversicherung durch einfache Meldung gewährleistet ist.
  4. Praktikumsvergütung: Sollte diese angedacht sein, beachten Sie, dass auch hier grundsätzlich der Mindestlohn nach § 22 MiLoG gilt. Eine Ausnahme besteht, wenn das (freiwillige) Praktikum der Berufsorientierung dient und höchstens 3 Monate dauert.

Weitere Ideen

Sollte die Pandemie in Ihrem Betrieb kein Praktikum erlauben, können Sie überlegen, ob zumindest eine Betriebsbesichtigung ermöglicht werden kann. Eine weitere Idee könnte eine praktische Arbeitsprobe sein, die die potentiellen Bewerber*innen entweder bei Ihnen vor Ort selbstständig in der Werkstatt oder zu Hause durchführen und mit z.B. einem Foto-/Videotagebuch dokumentieren. Wichtig ist aber, dass abschließend ein persönliches Feedbackgespräch stattfindet (ggf. per Video oder Telefon).


Ausbildungsberaterin

Telefon 0541 6929-524
k.justa@hwk-osnabrueck.de