Konjunktur-Dynamik im Handwerk hält an

Ließen sich das Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer Oldenburg zeigen: Das Landeskabinett mit Ministerpräsident Stephan Weil (8.v.r.) an der Spitze sowie die Vertreter*innen aller niedersächsischen Handwerkskammern.
HWK Oldenburg

Konjunkturdynamik im Handwerk hält an

Landeskabinett tauscht sich mit den Spitzen der niedersächsischen Handwerkskammern zu den Rahmenbedingungen des Handwerks aus.

Die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammern und die Landesvertretung der Handwerkskammern (LHN) trafen sich mit dem Landeskabinett am 5. November in den Räumlichkeiten der Handwerkskammer Oldenburg. Nach einer gemeinsamen Besichtigung des Berufsbildungszentrums der Kammer lobte der LHN-Vorsitzende Steinmann die Landesregierung, dass der beruflichen Bildung im Handwerk mit der Meisteranerkennungsprämie eine besondere Wertschätzung, die auch bundesweit auf Aufmerksamkeit gestoßen ist, entgegengebracht hat. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Akademisierung sind allerdings weitere Schritte zu unternehmen, um im Zuge des Fachkräftemangels wieder mehr junge Menschen für den beruflichen Bildungsweg zu begeistern.

Die wirtschaftlichen Unsicherheiten im Umfeld Deutschlands machen sehr deutlich, wie wichtig eine starke Binnenwirtschaft ist. Nach spürbaren Umsatzsteigerungen in den letzten Jahren erwartet das niedersächsische Handwerk mit Jahresende 2019 einen Zuwachs der Umsätze im Vergleich zum Vorjahr um 3 % auf knapp 59 Milliarden Euro. Leider bleibt der Mangel an qualifizierten Handwerkerinnen und Handwerker eine zentrale Wachstumsbremse.

Vor diesem Hintergrund stehen im Mittelpunkt des gemeinsamen Austausches mit der Landesregierung Fragen zur Verbesserung der Berufsorientierung, der Sicherung der Qualität der Berufsschulen und der überbetrieblichen Bildungsstätten. Letztere sorgen dafür, dass auch in kleineren Betrieben in der gesamten Bandbreite eines Berufes ausgebildet wird. Die über 50 überbetrieblichen Bildungsstätten des Handwerks haben damit eine besondere Bedeutung für die hohe Qualität der handwerklichen Ausbildung. Besonders positiv bewertet das niedersächsische Handwerk die im September 2019 eingeführte Meistergründungsprämie, die junge Unternehmerinnen und Unternehmer auszeichnet, die im Rahmen ihrer Existenzgründung im Minimum ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis schaffen. Ziel der Landesregierung ist es, mit dieser Form der Förderung speziell nachhaltige Existenzgründungen zu unterstützen. „Wichtig ist speziell für unsere Handwerkskammer die Fortführung der vom Land geförderten Nachfolgemoderatoren, die neben der betriebswirtschaftlichen Beratung den Handwerksbetrieben im Generationswechsel unterstützend zur Seite stehen“, so Präsident Reiner Möhle.

Mit Blick auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen begrüßen die Handwerkskammern die Einführung des sogenannten Digitalbonus. Gerade für kleinere Handwerksbetriebe ist die Digitalisierung der innerbetrieblichen Prozesse von der Auftragsannahme bis hin zur Auftragsausführung eine besondere Herausforderung. Dass die Betriebe im Handwerk über erhebliche Innovationspotenziale verfügen, machen die Handwerkskammervertreter anhand von Best-Practice Beispielen deutlich. Ein wichtiges Programm, welches auch in der kommenden EU-Strukturfondsförderung ab 2021 fortgesetzt werden sollte, ist dabei die Innovationsförderung, die speziell auf die Anforderungen von Handwerksbetrieben ausgerichtet ist und als eines unter vielen Forschungs- und Entwicklungsförderprogrammen das Handwerk auch tatsächlich erreicht. Hier ergänzt Hauptgeschäftsführer Sven Ruschhaupt: „Gerade unsere Mitgliedsbetriebe sind sehr innovativ und nehmen diese Förderung intensiv in Anspruch, so dass eine Fortführung des Programms und die Erweiterung auf Bundesebene mit dem Forschungszulagengesetz ab Anfang 2020 sehr sinnvoll ist, um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit im Handwerk zu unterstützen.“

Schließlich sieht das niedersächsische Handwerk die Notwendigkeit, dass das Land neben dem Klimaprogramm der Bundesebene in Niedersachsen eigene Akzente setzt. Nach Einschätzung der Handwerksvertreter kann ein richtiges Klimagesetz ein Umwelt-, Wirtschafts- und Beschäftigungsprogramm sein. Eine unausgewogene Belastung des kleinbetrieblichen Sektors, zum Beispiel im Rahmen der EEG-Umlage, wird vom Handwerk abgelehnt. Speziell bei der lange vom Handwerk geforderten, steuerlichen Förderung energetischer Maßnahmen setzen die Vertreter auf eine aktive Unterstützung durch das Land.

Mit Blick auf die europäische Ebene wünschen sich die Vertreter des Handwerks, dass auf Landesebene ein Arbeitskreis eingerichtet wird, der sehr frühzeitig über wirtschafts- und handwerkrelevante europäische Vorhaben informiert und ins Gespräch bringt. Die von Minister Althusmann geplante Einrichtung einer Clearingstelle Bürokratieabbau bewerten die Handwerksvertreter im Grundsatz positiv. Überflüssige Bürokratie darf nicht dazu führen, dass die unternehmerische Begeisterung zunehmend im Keim erstickt wird. In der Bewältigung der wachsenden Bürokratie liegt für die Betriebe die größte wirtschaftspolitische Herausforderung.